Richtlinie "Risse in Betonbauteilen - Vermeiden, Erkennen und Bewerten"
Beschreibung:
Die öbv-Richtlinie „Risse in Betonbauteilen - Vermeiden, Erkennen und Bewerten“ soll den Verantwortlichen bei der Bauausführung beim Auftreten von Rissen eine wirksame Hilfe bei der Ursachenforschung, Bewertung und Vermeidung weiterer Risse bieten. Dazu werden in der Richtlinie vorerst in einer Übersicht die verschiedenen Rissarten mit Ort und Zeitpunkt des Auftretens und der möglichen Ursachen erläutert. Festzuhalten ist, dass es „geplante“ und „ungeplante“ Risse gibt. Oft wird auf der Baustelle übersehen, dass bei Stahlbeton für die Aufnahme von auftretenden Zugkräften Risse zur Aktivierung der Stahlbewehrung notwendig sind („geplante Risse“). Diese Risse beeinträchtigen die Dauerhaftigkeit, in der Regel auch die Gebrauchstauglichkeit und das Erscheinungsbild nicht, solange die in der Norm festgelegten Rissbreiten durch Anordnung einer rissebeschränkenden Bewehrung nicht überschritten werden. Trennrisse infolge hoher Zwangsspannungen (z.B. infolge abfließender Hydratationswärme des Betons) können auch bei einer rissebeschränkenden Bewehrung zu einer Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit führen.
Die meisten „ungeplanten“ Risse, die die Gebrauchstauglichkeit und das Erscheinungsbild stark beeinträchtigen können, entstehen infolge zu hoher Bauwerkstemperaturen aufgrund ungünstiger Betonzusammensetzung und hohen Frischbetontemperaturen sowie fehlender oder ungenügender Nachbehandlung des Betons, auch im Zusammenwirken mit konstruktiven Einflüssen. Die hohen Betontemperaturen können in der Abkühlphase bei behinderter Verformung des Bauteils Zwangsspannungen bewirken, die zu Trennrissen führen. Die fehlende Nachbehandlung führt beim frisch eingebauten Beton zu starker Austrocknung und damit zu Frühschwindrissen und erhöht die Gefahr von Zwangs- und Eigenspannungsrissen. Zusätzlich können ungünstige Rahmenbedingungen, Planungen und Bauzustände (z.B. kurze Ausschalzeiten, Temperatursturz) die Rissgefahr erhöhen.
Die Empfehlungen zur Vermeidung von Rissen bei Planung, Betontechnik und Bauausführung ergänzen die öbv-Richtlinie „Qualitätssicherung für Beton von Ingenieurbauwerken“.
Bei der Bewertung von Rissen soll nicht nur allein die Einhaltung der zulässigen Grenzwerte, sondern auch ganz besonders die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerks beachtet werden.
Zwischen Bauherrn und Planer sollen Nutzungsanforderungen sowie die angestrebte Lebensdauer als Basis für die Planung festgelegt werden, wobei dabei unterschieden werden muss, ob sich ein Bauteil innerhalb der „Gebäudehülle“ unter gleichen klimatischen Bedingungen (Hochbau) oder außerhalb der „Gebäudehülle“ unter Einwirkung von Witterungs- und Umweltbedingungen befindet (Infrastrukturbauten, Tiefbau, Hochbaufassaden). Demnach richtet sich auch die Rissphilosophie bei der Planung, ob Risseverteilung oder Rissevermeidung bzw. Rissesanierung im Vordergrund stehen. Maßnahmen zur Vermeidung von ungeplanten Rissen wie eine optimierte Betonzusammensetzung und eine ausreichende Nachbehandlung sind in jedem Fall wichtig.