Richtlinie "Betone mit reduzierter Frührissneigung"
Beschreibung:
Dem Vorwort der aktuellen ÖBV-Richtlinie „Wasserundurchlässige Betonbauwerke – Weiße Wannen“ veröffentlicht im Jahr 2018, ist zu entnehmen:
„Die Betonstandards BS 2 und BSH entfallen in dieser Richtlinie. Das ÖBV-Merkblatt „Temperaturoptimierter Beton mit verringerter Rissneigung“ wird zukünftig weitere Anwendungsmöglichkeiten dieser Betone sicherstellen.“
Dies auch deshalb, weil Betone mit Standard BS 2 ein Schattendasein führten.
Um diesen Betonen die erforderliche Wertigkeit zu geben, wurde im letzten Weißen-Wannenausschuss beschlossen, ein eigenes Merkblatt zu erstellen. Bei der Bearbeitung ab dem Jahr 2018 wurden die Anwendungsbereiche umfangreicher als ursprünglich angedacht. Folglich entwickelte sich aus dem angedachten Merkblatt gegenständliche Richtlinie.
Eine wesentliche Notwendigkeit ergibt sich auch durch die im Jahr 2018 als Überarbeitung erschienene Betonnorm ÖNORM B 4710-1 „Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung, Verwendung und Konformität - Teil 1: Regeln zur Umsetzung der ÖNORM EN 206 für Normal- und Schwerbeton“ mit ihrem informativen Anhang F „Abschätzung der Kerntemperatur im Bauteil“. Darin werden die zu erwartenden Abbindetemperaturen bei 20°C Umgebungstemperatur in Abhängigkeit von gängigen Betonsorten und Bauteildicken von 0,4; 0,8 und 1,5m für wärmeentwicklungsreduzierte Betone der Klassen WE1 und WE2 prognostiziert. Die darin enthaltenen Temperaturentwicklungen sind bei Betonexperten bekannt und wurden erstmals in einem wichtigen Beton-Regelwerk aufgelistet, um das Bewusstsein von reduzierten Abbindetemperaturen als Qualitätsmerkmal zu stärken. Dabei ergeben 13 der 24 angeführten Temperaturen einen Wert von 59 – 80°C. Im zugehörigen Text ist zu finden: „Ab etwa 60°C sollten jedenfalls Maßnahmen getroffen werden, die zu einer Verringerung der Temperaturrissgefahr führen“. Da im Anhang F der ÖNORM B 4710-1 weder Betone ohne reduzierte Wärmeentwicklung behandelt werden noch Vorgaben bzw. Maßnahmen zur Verringerung der Temperaturrissgefahr vorhanden sind, schafft nun die gegenständliche Richtlinie diese Grundlage.
Neben einer erhöhten Qualität durch geringerer Wärmeentwicklung und somit reduziertem Risspotential ermöglicht die Anwendung von Betonen mit Standard BS 2 einen weiteren Beitrag zur CO2-Reduktion im Betonbau.
Anzumerken ist, dass durch die niedrigeren Zementklinkergehalte langsamere Erhärtungen stattfinden. Wasser wird im jungen Beton später gebunden und kann länger aus ungeschützten Oberflächen entweichen. Folglich sind verstärkte Anstrengungen bei der Nachbehandlung zu setzen. Andernfalls wird die Langlebigkeit von Bauwerken mit BS 2 – Betonen leiden.